Papst emeritus Benedikt XVI. zum Gedenken:Schulleiter Dr. Kühling schreibt am 2. Januar 2023 zum Tod von Benedikt XVI.

Papst emeritus Benedikt XVI. zum Gedenken

Seit Papst Franziskus am vergangenen Mittwoch am Ende der wöchentlichen Generalaudienz darum bat, für seinen Nachfolger, den schwer erkrankten emeritierten Papst Benedikt XVI., zu beten, wurde das Sterben dieses außergewöhnlichen, frommen Mannes in den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung gerückt. Sein Tod im hohen Alter von 95 Jahren am Silvestertag 2022 ist ein tiefgreifender Einschnitt für die katholische Kirche.
Zur Würdigung des Wirkens jenes Priesters Joseph Ratzinger gehört, dass wir anerkennen, wie der junge Theologieprofessor reformfreudig und klug als Sekretär des Kölner Erzbischofs Joseph Kardinal Frings dem II. Vatikanischen Konzil entscheidende Impulse gab, und wie er sich seinen stets wachsenden Aufgaben treu stellte und über viele Jahrzehnte hinweg zu einem Vorbild im Glauben für viele Generationen wurde.
Unvergessen dürften auch die Begegnungen bei seinen Besuchen als Papst der Weltkirche in Deutschland geblieben sein: der beeindruckende Weltjugendtag 2005 mit der Vigil-Feier, seiner metaphorischen Schiffsankunft am Kölner Dom und seinem Gebet in der Kölner Synagoge, 2011 dann der offizielle Staatsbesuch in Berlin und Freiburg.
Das bescheidene Auftreten dieses tief im Glauben verwurzelten Mannes, der sich unmittelbar nach seiner Wahl zum Papst durch das Konklave von 2005 als „demütiger Arbeiter im Weinberg des Herrn“ vorstellte, der zuvor viele Jahre die machtvolle Aufgabe des Präfekten der Kongregation für die Glaubenslehre erfüllt hatte, der an der Seite des historisch bedeutsamen Papst Johannes Pauls II. dessen Wirken für den Frieden in der Welt, für die Freiheit der Völker, gegen den Totalitarismus diktatorischer Systeme und für den Dialog zwischen Wissenschaft und Kirche mitprägte, hat auch seine Kritiker beeindruckt.
Von kirchenhistorischer Bedeutung ist sein Schritt vom 13. Februar 2013, den Fischerring im achten Jahr seines Pontifikats wieder abzugeben. Dieser Rücktritt vom Amt des Kirchenoberhaupts eröffnete radikal veränderte Perspektiven auf das Papsttum.

Benedikt XVI. war – entgegen landläufiger Darstellungen – auch ein Denker mit klaren Visionen, die seine Kirche wachrütteln sollten: so zum Beispiel, indem er eine humane Ökologie umfassend reflektierte und uns allen den Auftrag gab, das Bewahren der Schöpfung in den Mittelpunkt unserer Aufgaben zu rücken. In seiner rechtphilosophischen Rede vor dem deutschen Bundestag am 22. September 2011 sagte er:
„Die sich exklusiv gebende positivistische Vernunft, die über das Funktionieren hinaus nichts wahrnehmen kann, gleicht den Betonbauten ohne Fenster, in denen wir uns Klima und Licht selber geben, beides nicht mehr aus der weiten Welt Gottes beziehen wollen. Und dabei können wir uns doch nicht verbergen, daß wir in dieser selbstgemachten Welt im stillen doch aus den Vorräten Gottes schöpfen, die wir zu unseren Produkten umgestalten. Die Fenster müssen wieder aufgerissen werden, wir müssen wieder die Weite der Welt, den Himmel und die Erde sehen und alle dies recht zu gebrauchen lernen… Wir müssen auf die Sprache der Natur hören und entsprechend antworten… Es gibt auch eine Ökologie des Menschen. Auch der Mensch hat eine Natur, die er achten muß und die er nicht beliebig manipulieren kann. Der Mensch ist nicht nur sich selbst machende Freiheit. Der Mensch macht sich nicht selbst. Er ist Geist und Wille, aber er ist auch Natur, und sein Wille ist dann recht, wenn er auf die Natur hört, sie achtet und sich annimmt als der, der er ist und der sich nicht selbst gemacht hat. Gerade so und nur so vollzieht sich menschliche Freiheit.“
Wenn wir diesem Maßstab für die menschliche Freiheit gerecht werden sollen, bleibt viel zu tun. Anregungen gab Benedikt XVI. im selben Jahr in seiner programmatischen Schriftensammlung „Wir müssen anders leben! – Damit die Schöpfung überleben kann.“
Möge der ehemalige Joseph Kardinal Ratzinger und später Papst emeritus Benedikt XVI. in Frieden bei Gott ruhen. – R. i. p.!
Dr. Karl Kühling am 2. Januar 2023